Arbeitsunfähigkeit wg. Hüftarthrose



- Erfahrungsberichte und Dokumentation - Deutsches Arthrose Forum -



  303. Eintrag von am 01.07.2004  
  Arbeitsunfähigkeit wg. Hüftarthrose  
  0 liebe Leidensgenossen,

Seit ca. 9 Monaten schleppe ich mich trotz starker Schmerzen jeden Tag zur Arbeit, obwohl ich oftmals nachts vor lauter Schmerzen nicht geschlafen habe.
Den Tag habe ich dann nur mit starken Schmerzmitteln überstanden, fühlte mich aber meistens total ausgelaugt und kraftlos.
Die kollegen haben mich immer alle sehr bemitleidet. Aber solange ich noch 100%tig funktioniert habe, sah sich keiner (mein Chef eingeschlossen) veranlasst, mich zu entlasten.

Nun bin ich seit Montag für zwei Wochen von meinem Orthopäden krank geschrieben worden, weil gar nichts mehr geht und ich jetzt die Schmerzmittel in 3facher Dosierung nehmen soll. (Macht ständig müde und ich darf nicht Auto fahren)
Das 'Entsetzen' meiner Kollegen war gross. Alle tun so, als käme es total überraschend, dass ich nicht mehr voll einsatzfähig bin.
Meine OP wird wohl auch innerhalb der nächsten 6 - 8 Wochen anstehen. Und dann muss es ja schliesslich auch eine Lösung bzgl. Umverteilung meiner Aufgaben geben. Aber alle tun jetzt so, als käme diese Situation aus heiterem Himmel.

Habt Ihr ähnliche Erfahrungen gemacht ???

Wollte mir nur mal meine Frust von der Seele schreiben.



A.
 
  2. Antwort von am 04.07.2004  
  B.,

für Deine Antwort. Ich muss wahrscheinlich erst lernen, mit der Situation umzugehen, weil ich bis jetzt immer bis zur Leistungshöchstgrenze gearbeitet habe , z.T.- auch, um mich von den Schmerzen abzulenken.
Für mich hat der Beruf immer ein Stück Halt im Alltag bedeutet, weil ich auf so viele Dinge verzichten musste.
Wahrscheinlich sind die Kollegen auch mit der Situation überfordert, weil sie mich möglichst 'normal' behandeln wollen.

Ich habe inzwischen den 'Angriff nach vorne' unternommen, d.h. meine Situation deutlich gemacht - ohne etwas zu beschönigen oder zu übertreiben und kann nur hoffen, dass es so küntig besser funktioniert.

Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag

A.

 
  1. Antwort von am 04.07.2004  
  A.,
ähnliche Erfahrungen mache ich bereits Zeit meines Lebens derzeit 37Jahre), da ich an einer angeborenen Glasknochenkrankheit leide, die Deformierung und somit Fehlbelastung aller Gelenke mit sich brachte.

Seit ich im Arbeitsleben bin sind die Knochen stabil, verzichte ich auf den Rollstuhl, gehe an Unterarmstützen, teils auch freihändig. Je nach Wegstrecke und Kondition- in den letzten ca. 10 Jahren auch je nach Schmerzlage, da die Arthrose natürlich schon längst da ist. Die körperliche Belastbarkeit nimmt jährlich ab und ist auch nicht täglich gleich.
Dieses Einschätzen meiner Kräfte, die variierenden Grenzen zu erkennen und dann auch zu beachten musste ich erst mühevoll lernen.

Genau da ging es mir anfangs wie Dir: ich wollte Verständnis für meine Lage von den Kollegen. Jetzt weiss ich, dass das unmöglich ist. Ich schaute mir das mal aus der Gegenüber-Perspektive an:
Verständnis, also verstehen funktioniert nur, wer sich mit der Sache beschäftigt. Das ist leichter, wenn die Sache greifbar ist. Aber sowas Subjektives wie Leiden, Schmerzen und Kräfte bzw. Schwäche ist für einen Aussenstehenden nicht greifbar solange er es nicht selbst erlebt. Das bedeutet dass der Aussenstehende sich in die Sache immer wieder reinknien muss um zu verstehen/ zu akzeptieren; dass er meinem Wort glauben schenken muss, wenn ich klage, oder nachfragen wenn ich nicht (ständig) klage.
Ich erlebe, dass es nicht nur für Kollegen, auch für Freunde und selbst Familienmitglieder zu viel verlangt ist, sich in das Leiden eines anderen- wenn auch nahestehend!- in Gänze hineinzuversetzen. Es ist auch schwer verständlich, wieso z.B. Motivation einen so grossen Einfluss auf Schmerzempfinden hat, und ich mich dann gern mal überfordere.

Ich habe aufgehört, mich von den anderen und deren Verständnis abhängig zu machen. Vor allem im Beruf wo es was zu leisten gilt entscheide ich über meine Belastbarkeit ohne Absprachen. Das geht nur mich an- das Übel am Tag nach einer gehörigen Überlastung bade ich ja auch ganz allein aus. Ich gebe wenn nötig klare Ansagen, was heute geht und was nicht.
Damit appeliere ich nicht mehr an das Verständnis der Anderen, sondern an das Vertrauen. Ich meine, das kann ich erwarten.
Und es funktioniert sehr gut.
Es ist noch lange nicht so, dass ich mich mal paar Tage rausnehme, wenn ich seit Wochen am Anschlag bin- ich lerne ja immer noch. Aber ich kann schon einen Tick langsamer, organisierter arbeiten. Das hebt übrigens auch das Arbeitsklima allgemein!

Also: Klarheit! Wenn ich auf Arbeit erscheine heisst das, man kann mich beanspruchen. Ansonsten erscheine ich nicht. Ich kann rel. kurzfristig Urlaubstage einschieben, wenn ich nicht mehr kann. Zusätzlich mache mich nun alle 2 Jahre bei einer BfA-Reha fit. Das Fazit- keine AU-Tage in den letzten Jahren.
Und ich fühle mich sehr leistungsstark und gut ausgeglichen.

Das wünsche ich Dir für die Zeiten nach der OP!
Und bis dahin gutes Durchhalten und einen gelungenen Eingriff.

B.
 




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Stand : 06.07.2004 21:33:50
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