Mein Widerstand gegen Schmerzmittel - unmündiger Patient?
- Erfahrungsberichte und Dokumentation - Deutsches Arthrose Forum -
407. Eintrag von am 10.03.2011 - Anzahl gelesen : 222
Mein Widerstand gegen Schmerzmittel - unmündiger Patient?
0Ich habe eine Spondylosis derformans bei LWK4, diskrete Osteochondrose im thorakolumbalen Übergangsbereich und eine rechtskonvexe Skoliose. Es gibt diskrete ventrale Spondylophyten bei LWK4.
Ich bin erst 36 und habe seit ich 16 bin immer sehr viel Ausdauersport betrieben (Schwimmen, Laufen, Rad), bin auch bis vor einem Jahr noch geritten (gemütliche Ausritte).
Schmerzen hatte ich seit ich 18 bin. Ursache war meist ein verdrehter Wirbel. Das kam so alle 1-2 Jahre vor.
Vor 7 Jahren hat mich dann ein Auto angefahren, mich an der linken Pobacke mit dem Aussenspiegel erwischt und mich wortwörtlich von den Füssen gefegt und ich bin auf dem A... gelandet.
Seitdem fing das Drama an: stehen unmöglich. Nach 5min schiesst mir solch ein Schmerz in den Rücken, dass ich mich nicht mehr bewegen kann, ich bin dann völlig steif. Wenn ich mich dann richtig bewege (blöd gesagt vor dem Schmerz weglaufe) und gaaaaanz langsam dehne und dann bloss nicht weiter stehen bleibe, löst sich der Schmerz wieder. Stop and go wie ein Einkaufsbummel ist absolut unmöglich geworden. Beim Schwimmen bekam ich speziell beim Kraulen starke Schmerzen. Rücken schwimmen ging ja noch (teilweise bin ich 3km nur Rücken geschwommen). Aber auf den kurzen 25 m Bahnen in deutschen vollen Hallenbädern ist das Rückenschwimmen auch kein Spass, irgendwann tat es auch beim Rückenschwimmen weh.
Laufen? Oh Gott! Ich konnte so gut laufen! Bin 2x die Woche auf schönen Naturwegen (weicher, fester Boden) 60-90 min gelaufen, es war herrlich. Nach dem Autounfall kamen auch hier die Schmerzen.
Ich habe allen Sport total reduziert und gehe jetzt nur noch 2 x die Woche schwimmen (wenn überhaupt!) und 2x die Woche laufen (laufen???das ist kriechen...). Fahre viel Rad und gehe fast alles zu Fuss.
Ich habe mich echt bemüht, nur dann Sport zu machen, wenn ich einigermassen schmerzfrei war.
Aber dann letztes Jahr noch mal eine Verschlechterung: nach dem Laufen hatte ich urplötzlich in beiden Knien Patellaspitzensyndrom und seitdem sind auch beide Iliosakralgelenke höllisch am schmerzen.
Egal, was ich mache: 1 Std spazieren gehen tut weh, schwimmen tut weh, laufen sollte ich ganz aufhören (mir blutet das Herz), sogar Radfahren geht nicht mehr.
Komischweise schlafe ich recht schmerzfrei. Aktuell quälen mich diese blöden IS-Gelenke. Die Knie lassen sich mit simplen Gummibändern ruhig stellen. Aber der Rücken...
Ich kann auch nicht sitzen, eine halbe Stunde Computer und ich bin steif wie ein Stock.
Nach dem Autounfall hat man mich geröntgt, aber nichts festgestellt. Auch die Orthopäden haben mich nur mal gerenkt, das wars.
Ein einziges Mal habe ich eine Schmerzspritze angenommen, die hat aber alles nur noch verschlimmert, so dass ich drei Jahre die Schmerzen in mich reingefressen habe und zu keinem Orthopäden mehr gegangen bin.
Bisher war es so, dass ich ein paar Mal im Jahr 2-3 Wochen andauernde Schmerzschübe hatte, die dann aber wieder nachliessen und ich 'nur' in den erwähnten Situation Stehen und Sitzen Probleme bekam.
Jetzt habe ich seit Monaten Schmerzen, die schon bei der kleinsten Bewegung wieder stärker werden.
Ein Orthopäde hat mich diesen Monat zweimal ohne Wirkung gerenkt, hatte aber auch keine andere Lösung.
Also ging ich zu jemandem anderes, das war der absolute Supergau: null zugehört, null Interesse, mich behandelt wie ein Dummchen, und mir (von mir selbst zu zahlende) sauteure Spritzen vorgeschlagen (Hyaluron und Co.). Ich bin arbeitslos, unmöglich zu zahlen.
Ausserdem solle ich Ibu 400 nehmen. Von denen hatte ich aber letztes Jahr allerübelst Magenschleimhautblutungen (Weisheitszähne gezogen). Ich sagte ihm dies, er meinte, ich solle zum Hausarzt gehen und mir Magenschleimhautmittel geben lassen, damit ich die Dinger vertrage. Das kann es doch nicht sein! Ich hatte aber so schlimme Schmerzen, dass ich eine Ibu 400 mittags und eine spät abends schluckte. Wirkung: null. Dafür sagte mir mein Magen nach der zweiten Tablette, dass er das nicht so toll fand. Ab in die Tonne damit.
Und wieder bot mir der Arzt an, mir irgendwas zu spritzen, um meine Nerven zu blockieren.
Ich weiss ja selber, dass ich von diesen Schmerzen mal wegkommen muss.
Aber ich habe echt noch keinen Arzt gefunden, der mit mir IN RUHE das pro und contra von Schmerzmitteln diskutiert.
Am liebsten würde ich nie wieder meinen Fuss in eine Praxis setzen. Man wird in 10min abgefertigt und wie ein Vollidiot behandelt.
Ich habe beim Orthopäden (!) eine HEULANFALL bekommen, weil er so ein verdammtes ... war.
Erzähle ich in anderen medizinischen Foren über meine Bedenken von Schmerzmitteln, dann hagelt es Vorwürfe. Anscheinend nehmen die meisten Leute ohne Nachdenken alles, was ihnen verordnet wird.
Ich würde mir ausserdem NIE NIE NIE von einem gehetzten, überforderten Arzt eine Spitze in den Rücken setzen lassen.
Mir hat es schon gereicht, dass ein Orthopäde Akupunktur anwendete, die er wohl im Wochenendkurs 'gelernt' hat. Das tat so höllisch weh, war unter total unentspannten Praxisbedingungen (Massenabfertigung) und hat meine Rückenschmerzen auch wieder nur verschlimmert.
Jemand empfehl mir einen Schmerztherapeuten. Therapeut, das hört sich so alternativ an. Pffft, zumindest die in meiner Nähe sind Anästhesisten. Kann ein Anästhesist in eine so empfindliche Stelle wie den Rücken spritzen? Ohne mir dabei noch mehr Schaden zuzufügen? Geht es nur mit der Chemiekeule?
Sind Nebenwirkungen dabei, ich kriege sie! Da kann ich nicht blind einem Arzt vertrauen, der mich zudem noch schlecht behandelt und mir nicht einmal zuhört.
Oh grosser Gott, heute muss ich auch noch zum Amtsarzt vom Arbeitsamt, weil ich nicht arbeiten kann.
Ich denke schon fast, geniesse die Zeit, die dir noch bleibt, bald kannst du dich gar nicht mehr bewegen. Vielleicht bin ich dann soweit, mir wahllos Schmerzmittel geben zu lassen, weil es mir dann egal ist, was sie für Nebenwirkungen mit sich bringen...
4. Antwort
von am 16.12.2015
A.,
ich kann deine Erfahrungen mit dem Amtsarzt vom Arbeitsamt nur bestätigen. Meiner war auch sehr freundlich und hat sich Zeit genommen, meine Arztberichte einzusehen. Glück gehabt :-)
Auch wenn mich zwischendurch meine Spondylarthrose u.a. Arthrosen ärgern, komme ich damit sehr gut klar. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit autogenem Training, morgendlichen Kräftigungs- und Dehnungsübungen gut um die Runden komme. Nun ja, als Rentnerin kann man sich ja mehr Zeit lassen, bis man in Schwung kommt :-)
Gehe deinen Sport etwas langsamer an, damit die Schmerzen beim Gehen nicht zu stark werden. Öfters eine kleine Pause einlegen, dann geht es auch wieder.
Aus meiner Erfahrung kann ich dir nur raten, verwende Hausmittel wie z.B. Weihrauch oder Weidenrinde gegen die Schmerzen, ideal ist auch gegen Verspannungen eine heisse Moorwärmflasche. Vor 2 Monaten machte ich einen Entzug von Opiaten, ich kam davon nicht los. Seitdem bin fast wieder Schmerzmittel frei. Jetzt merke ich, dass ich Entzugserscheinungen habe, nachdem ich dabei bin, meinen Magenschutz abzusetzen. Die Magensäure verstärkt sich sehr intensiv.
Darum lese auch weiterhin den Beipackzettel von Medikamenten gut durch und überlege dir, ob du wirklich ein starkes Schmerzmittel nehmen musst.
Wenn du das tierische Eiweiss in deiner Nahrung reduzierst, werden die Gelenk- und Muskelschmerzen auch weniger.
Eine schmerzarme szeit wünscht dir E.
3. Antwort
von am 11.03.2011
Soooo, gestern war ich ja beim Amtsarzt vom Arbeitsamt, der meine Arbeitsfähigkeit einstufen solle. Entgegen vieler Horrorberichte im Internet hatte ich Glück und einen wirklich sehr respektvollen Arzt erwischt, der sich richtig Zeit für mich nahm.
Lustigerweise konnte ich mit ihm ausführlich über meine Probleme mit Orthopäden diskutieren. Er hat mir ziemlich nüchtern gesagt, dass die an mir nix verdienen und als Kassenpatient würde ich da halt schnell durchgeschleust. Er hat sich meine Unterlagen angeguckt und auf dem Befund vom CT steht, dass ich auch den Nervenkanal eingeengt habe. Er meinte, irgendwann wenn es gar nicht mehr geht, müsste der vielleicht operativ vergrössert werden. Hat mir bisher noch kein Orthopäde gesagt! Da würden dann auch alle Spritzen oder Tabletten nichts nutzen.
Ich beredete mit ihm auch meine Abneigung gegen Schmerzmittel. Er meinte, bevor ich mich jahrelang unnötig mit Schmerzen quäle, solle ich die doch mal in Betracht ziehen. Er hat nicht die Erfahrung mit den verschiedenen Möglichkeiten, aber allein dadurch, dass er ganz normal mit mir das für und wider besprach, war ich bereit, zumindest das schon mal in Betracht zu ziehen.
Er riet mir, mich erst einmal ostheopatisch behandeln zu lassen, weil selbst er als Allgemeinmediziner sah, dass ich total schief sei (nicht nur der Rücken, sondern auch das Becken). Mein vorletzter Orthopäde, der mich bisher normal gerenkt hat, hat diese amerikanische Osteopathenausbildung. Er hatte auch einen Antrag bei der Krankenkasse gestellt, die aber abgelehnt wurde. Kostet pro 30 min 60 Euro, wird dann ein paar Mal angewandt. Ich werde gleich am Montag dort hingehen und wegen der Rechnung zahlen werde ich meinem Vater 'anbetteln'.
Also allein dass mir jemand mal in Ruhe zugehört hat, ist schon ein Wunder. Und das war der Amtsarzt vom Arbeitsamt! Ich hatte endlich mal das Gefühl, dass einer Zeit und auch das Interesse hat, mir zu helfen!
Er hat mich als bedingt arbeitsfähig eingestuft, also wechselnd sitzen-stehen-gehen, nichts schweres heben. Ich komme aus dem Bereich Werbetechnik und das war körperlich sehr harte Arbeit bei jedem Wetter im freien (grosse Werbetafeln montieren, Autos, LKW beschriften, aber auch viel am PC sitzen oder in der Werkstatt viel stehend arbeiten). Das kann ich nicht mehr machen, aber meine Sachbearbeiterin hat mich bisher (noch) in diesem Bereich als Arbeit suchend eingetragen. Das wird natürlich gar nicht mehr gehen.
Langfristig werde ich eh bei meinem Freund im Büro einsteigen, wo ich dann aber völlig frei in meiner Bewegung sein werde.
Der Amtsarzt meinte auch, wenn er mich jetzt als nicht arbeitsfähig einstuft, komme ich direkt in Hartz 4. Damit tut er mir keinen Gefallen, ich solle mein ALG I in Anspruch nehmen können, schliesslich ist es eine Versicherungsleistung, auf die ich ein Anrecht habe.
Auf meinen Röntgenaufnahmen von dem Unfall hat man nichts gesehen, erst auf den CT-Aufnahmen ein paar Jahre später. Gestern morgen wurden auch noch frische LWS-Röntgen-Bilder gemacht, die zeigten dann auch die Spondylarthrose. Der Beckenbereich wurde nicht geröntgt, weil der Orthopäde, der mich zum Röntgen überwiesen hatte, diese Schmerzen nicht ernst nahm....
Sport mache ich momentan 2xdie Woche 2km Rückenschwimmen und 1km kraulen. Dann laufe ich 2x die Woche eine ruhige Runde von 45 min, die ich aber wohl aufgeben werde. Ich habe Triathlon gemacht, nicht den harten, aber ich war (bin) im Ausdauerbereich sehr gut trainiert. Heute mache ich ein Probetraining in einem Kraftstudio, weil ich das Laufen erst mal aufgeben werde und einen Ausgleich brauche. Dort habe ich ein sehr interessantes Gespräch mit einer Tin geführt über basische Ernährung. Ich ernähre mich eh sehr gut mit fast Bioprodukten und keinem Fleisch, und Säure-Basen waren mir daher nicht unbekannt. Die Tin meinte, dass reine Ausdauersportler irgendwann an einen Punkt kommen, wo der Körper total gestresst ist (auch Übertraining). Ich habe mich die letzten Jahre zum Sport gezwungen, weil ich ihn einfach immer schon gemacht habe. Trotz Schmerzen. Jetzt geht es nicht mehr. Auch möchte ich einmal die Woche Pilates machen. Rad fahren und mehrmals die Woche 1 Std. Spazieren gehen mit meinem alten (arthosischen)Pferd mache ich auch viel.
Ich merke grade, ich mache dann immer noch viel mehr Sport als normale und gesunde Menschen...
2. Antwort
von am 11.03.2011
ich kann Dich sehr, sehr gut verstehen. Ich mag Apothekensmarties auch nicht, denn die Nebenwirkungen vom Wirkstoff Indomethacin waren mal sehr verhängnisvoll für meine Augen; und Co. mag ja der Magen-Darm-Trakt nicht. Für die besseren, Cox-2- Hemmer, muss Du den Verordner suchen ...
Aber es gab für mich einen Ausweg - Feldenkrais. Ich habe Gruppenunterricht, Bewusstheit durch Bewegung, als auch Einzelstunden, Funktionale Integration, genommen - und fühle mich seither wohl. Einen Haken gibt es auch hier, es ist keine GKV-Leistung aus dem Heilmittelkatalog.
Du solltest mal unter dem Stichwort 'Feldenkrais' im Forum und im Web nachschauen.
Das schöne an dieser sanften 'Gymnastik' ist, wenn Du sie verstanden hast, Du kannst auch allein zu hause Dir helfen.
C.
1. Antwort
von am 11.03.2011
A.,
dass klingt ja alles mehr als schauderhaft! Dass kann es doch wirklich nicht sein im Leben, dass man(n) nur noch so wenig lebenswertes Leben hat?
Was machst Du an Sport, gezielt für Deinen Rücken? Ich weiss was es heisst, Schmerzen im ISG zu haben! Da schmerzen nun mal auch die Knie, dies ist normal dabei!
Aber was mir auffällt, dass es ja seit Deinem Unfall schlimmer ist! Wurde schon einmal ein MRT vom Steiss gemacht? Wäre echt sinnvoll! Evtl. hast Du da was abbekommen, dass auf einem Röntgenbild gar nicht sichtbar ist! Versuch weiter der Ursache auf den Grund zu gehen, oder mach spezielle Übungen für Deinen Rücken!
Wünsche Dir alles Gute, B.
Mein Widerstand gegen Schmerzmittel - unmündiger Patient?
- Erfahrungsberichte und Dokumentation - Deutsches Arthrose Forum -